Sexuelle Belästigung: Wann geht es zu weit?

Von unaufgeforderten Dickpics bis hin zu einem Fremden, der Deinen Körper einfach berührt – in vielen Fällen kann sexuelles Verhalten unerwünscht sein und als sexuelle Belästigung empfunden werden. Es sind vor allem die Frauen, die viel zu oft damit zu kämpfen haben. Doch selbst nach der #metoo-Bewegung passiert so etwas immer noch. Um fair zu bleiben: Es ist manchmal recht schwierig zu entscheiden, welches Verhalten akzeptabel ist und welches wirklich zu weit geht. Deshalb erklären wir einige Dinge über sexuelle Belästigung.

Sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe

Andere Bezeichnungen für sexuelle Belästigung sind unerwünschtes sexuelles Verhalten und sexuelle Übergriffe. Wir sprechen von sexueller Belästigung, wenn die Grenzen einer Person überschritten werden. Das ist ein schwieriges Konzept, denn für jeden Menschen liegt die Grenze woanders. Man kann also nicht schwarz auf weiß sagen: Hier liegt die Grenze. Was der eine aufregend und lustig findet, kann für einen anderen eine überschrittene Grenze bedeuten und ein unangenehmes oder unsicheres Gefühl hervorrufen. Dieses Verhalten muss nicht unbedingt körperlich sein. Auch das Versenden von sexuell orientierten Nachrichten oder Dickpics ist sexuell unerwünschtes Verhalten, wenn der Empfänger nicht zugestimmt hat.

„Die Grenze liegt für alle woanders.“

Wenn Du als Mann also ein „harmloses“ Bild von Deinem Penis schickst, denke daran, dass die Person, die dieses Bild erhält, sich (wahrscheinlich) nicht gerade darauf freut. Er oder sie könnte sich durch dieses Bild, das für Dich keine große Bedeutung hat, extrem unwohl oder beleidigt fühlen. Was der eine spannend und lustig findet, kann für den anderen unangenehm oder sogar traumatisch sein. Natürlich ist das Versenden eines Bildes von Deinem besten Stück nicht so schlimm wie andere Formen der sexuellen Belästigung, aber das sollte keine Rolle spielen: Jedes Verhalten, das für jemanden eine Grenze überschreitet, ist inakzeptabel.

Welches Verhalten wird als grenzüberschreitend angesehen?

Laut dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), §3 Absatz 4, liegt eine sexuelle Belästigung vor, „…wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“ Obwohl die Grenze für jeden woanders liegt, zeigen Untersuchungen, dass die folgenden Verhaltensweisen häufig als grenzüberschreitend angesehen werden:

• In die Enge getrieben werden
• Unerwünschtes Küssen
• Sexuelle Beleidigungen
• Nach Sex fragen
• Unerwünschte Berührungen

In geringerem Ausmaß, aber auch:

• Eindringen in den persönlichen Raum
• Sexuelle Äußerungen
• Unverhohlener Blick auf den Körper

Auch wenn nichts Illegales passiert, kann eine Situation unerwünscht, einschüchternd oder traumatisch sein.

Belästigung auf der Straße

Zu sexuell übergriffigem Verhalten gehören auch Belästigungen auf der Straße, wie z. B. Hinterherpfeifen, Nachrufen, Verfolgen, Befummeln, in die Enge treiben, sexuelle Beleidigungen und aggressives Auffordern zum Sex. 

Heißt Nein wirklich Nein?

Das können wir ganz klar sagen: Nein heißt immer Nein. Es gibt eine Reihe von Gründen, warum Frauen Dinge geschehen lassen, die sie eigentlich nicht wollen. Sie fühlen sich zum Beispiel unter Druck gesetzt oder haben Angst, dass die andere Person wütend wird. Aber auch Alkohol- oder Drogenkonsum, Erpressung und das Erregen von Mitleid können einen Einfluss haben. Oft sagen Frauen zwar „Nein“, trauen sich aber nicht, den Mann durch ihr Verhalten deutlicher zurückzuweisen. Dies kann ihm den Eindruck vermitteln, dass ihr „Nein“ nicht wirklich ernst gemeint ist.

„Sie hat zwar „Nein“ gesagt, aber sie hat sich nicht wirklich gewehrt.“

Als Frau kann man jemanden freiwillig küssen und sogar den ersten Schritt machen, aber dann nicht mehr als diesen Kuss wollen. Wenn der Mann darauf besteht, kommt es vor, dass Frauen Sex haben, auch wenn sie eigentlich nicht wollen. Sie glauben, dass sie dies „müssen“, weil sie mit dem Küssen angefangen haben.

Was denkst Du?

Im Folgenden werden zwei Situationen beschrieben, die zeigen, wie sexuelle Belästigung aussehen kann. Was meinst Du dazu? Gehen diese Situationen zu weit oder sind sie Deiner Einschätzung nach akzeptabel?

Situation 1

Eine 27-jährige Frau postet ein schönes Urlaubsfoto auf ihrem öffentlichen Instagram-Account. Sie trägt einen Bikini, weil sie am Strand ist. Sie hat eine volle D-Körbchengröße, ihre Brüste sind deutlich zu sehen. Ein unbekannter Mann kommentiert unter ihrem Foto: „So heiß Mädel! Ich will diese Titten in meinen Mund nehmen.“

Situation 2

Ein 18-jähriges Mädchen läuft auf der Straße, es ist bereits dunkel. Ein Junge kommt auf sie zu: „Hey, hübsches Mädchen, wohin gehst du?“ Sie hat gelernt, es zu ignorieren und geht weiter. „Ist es okay, wenn ich dich begleite, Schatz? Sollen wir zu dir nach Hause gehen?“ Sie sieht ihn nicht an, sondern bittet ihn, sie in Ruhe zu lassen. Er ergreift ihren Arm und sagt: „Glaub mir, Baby, du wirst es mit mir lieben. Ich werde mich gut um dich kümmern.“ Sie gerät in Panik, reißt sich los und rennt weg. „Dann verpiss dich doch, du dreckige Hure!“ schreit er ihr nach.

Fazit

Man kann also nicht klar sagen, was die Grenze ist und was zu weit geht. Aber es ist klar, dass es alles mit dem Respekt vor den Gefühlen und Grenzen anderer Menschen zu tun hat. Wie Du an den obigen Beispielen sehen kannst, gibt es viele Abstufungen von sexueller Belästigung. Von „unschuldigen“ Bemerkungen und einschüchterndem Verhalten bis hin zu sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen. Unsere Tipps: Denke daran, dass ein Nein immer ein Nein ist, und erzwinge niemals etwas. Auch wenn Du denkst, dass die andere Person es „eigentlich doch“ will.

Wie gehst Du mit sexueller Belästigung um?